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Das Importverbot für Delfine ist so gut wie sicher – die Diskussion muss weitergehen

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Good news in der Diskussion über ein künftiges Halte- oder Importverbot für Delfine. Die vorberatende Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) des Nationalrats hat sich in dieser Frage dem Ständerat angeschlossen, zwar nicht die Haltung, wohl aber den Import von Delfinen und Walen in die Schweiz zu verbieten. Dies aus der Überzeugung, dass Delfinarien und Zoos dem grossen Bewegungsbedürfnis der Delfine und Wale sowie den Ansprüchen dieser Tiere an einen artgerechten Lebensraum nicht entsprechen können. Sollte sich der Nationalrat in der Sommersession dem Entscheid der Kommission anschliessen, darf der Freizeitpark Connyland im thurgauischen Lipperswil seine drei verbliebenen Delfine behalten.

Für die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) bedeutet dies einen – wenn auch lediglich teilweisen – Erfolg. Im März 2012 war der Nationalrat einem Einzelantrag von Nationalrätin Isabelle Chevalley (GLP/VD) für ein Halteverbot von Delfinen und Walen gefolgt. Und obwohl auch das laut einem Rechtsgutachten der TIR mit der Bundesverfassung vereinbar gewesen wäre, konnte sich der Ständerat nicht zu einem Halteverbot durchringen. Trotzdem ist die Stiftung über den Beschluss seitens der Kommission, immerhin den Import zu verbieten erfreut, wie sie in ihrer Medienmitteilung schreibt: “Diese Massnahme ist deshalb von Bedeutung, weil die Conny-Land-Inhaber nicht gewillt sind, freiwillig auf die Anschaffung neuer Delfine zu verzichten.” Ausserdem sei die TIR zuversichtlich, dass der Nationalrat dem Beschluss seiner vorberatenden Kommission folgen wird, so dass die Gefangenschaftshaltung von Delfinen in der Schweiz bald der Vergangenheit angehört. Und das meiner Meinung nach keinen Tag zu früh.

Auswilderung von Delfinen ist machbar

Eine kurze Nebenbemerkung zu den Konsequenzen eines Halteverbots. Zurecht wurde in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob und wie in Gefangenschaft gehaltenen Delfinen eine Auswilderung zuzumuten ist. Gerade bei in Delfinarien geborenen Tieren dürfte eine komplette Auswilderung unmöglich sein, eine Verbesserung ihrer Lebensumstände ist aber in jedem Fall machbar: durch Umzug in ein natürliches Reservat, wie beispielsweise die mit Netzen abgeschlossene Meeresbucht im israelischen Eilat. Dass eine Rückkehr in die Freiheit keine naive Vision von Tierschützern ist, belegt eine Meldung aus den aktuellen Tierschutznews: Nach 18 Monaten Vorbereitung, u.a. einem Jagdtraining, konnten die Delfine Tom und Misha freigesetzt werden. Ein mehr als unwürdiges Dasein im Swimming-Pool eines türkischen Hotels fand damit ein Happy End.  Die Qualität des folgenden Films über die Vorbereitungen und den grossartigen Moment der Entlassung in die Freiheit ist nicht besonders gut. Und er ist auf Englisch. Aber, ums mal mit einem totzitierten Satz zu sagen: hier sagen die Bilder wirklich mehr als tausend Worte. 

Bundesrat Schneider-Amman und das Tierschutzgesetz

Zurück in die Schweiz, in der es auch nach einem wahrscheinlichen Importverbot noch genügend Diskussionsbedarf gibt. Zum Beispiel die Wirksamkeit unseres Tierschutzgesetzes betreffend. Und dem ewigen Argument mancher Politiker, die sich gegen jegliche Präzisierungen und Verschärfungen des Gesetzes wehren, weil das im Tierschutzgesetz doch schon alles festgehalten sei. Das sieht auch Bundesrat Johann Schneider-Amman offensichtlich so. Obwohl schon die Connyland-Verantwortlichen im Nachspiel zum Tod ihrer beiden Delfine Shadow und Chelmers alles andere als einen respektablen Eindruck hinterlassen haben, die Argumentation von Bundesrat Johann Schneider-Amman war für mich gänzlich unverständlich. Er hatte sich mit der Begründung gegen ein Import- oder Haltungsverbot gestellt, im Tierschutzgesetz würden die Anforderungen an die Haltung der Tiere ja bereits beschrieben. Nur: Wenn jetzt auch die Kommission die Ansicht zahlreicher Tierschutzorganisationen teilt, dass Delfinarien und Zoos den Tieren keinen bedürfnis- und artgerechten Lebensraum bieten können, dann kann ja wohl mit den im Tierschutzgesetz beschriebenen Anforderungen an die Haltung etwas Grundsätzliches nicht stimmen. Logisch, oder doch?

Let’s talk about Zoo und Zirkus

Ach ja, und was ist eigentlich mit der Diskussion über artgerechte Lebensräume in den Zoos und den Zirkussen? Sollte die nicht weiter geführt werden? Indem sie sich unter anderem mal mit der Frage auseinandersetzt, ob Art und Anzahl der gehaltenen Tiere nicht davon abhängig zu machen ist, ob sich ein Zoo eine annähernd (!) bedürfnisgerechte Haltung finanziell und räumlich überhaupt leisten kann? Sollten wir die Arterhaltungsprogamme nicht ausschliesslich den Zoos überlassen, die überhaupt erst einmal für eine maximal artgerechte Unterbringung sorgen können? Dadurch verlieren andere Zoos bei den kleinen und grossen Besuchern nicht unbedingt an Attraktivität. Auch wenn die Kids noch keine konkrete Vorstellung von artgerechter Haltung haben, so haben sie aber sicherlich mehr Spass an einem munter umeinanderspringenden Lamm oder Kaninchen, das sie aus der Nähe sehen oder sogar streicheln können als an einem traurig wirkenden Tiger, der hinter dickem Plexiglas stereotyp eine Furche in den Beton läuft. Und wenns denn doch mal ein Elefant oder Nashorn oder Tiger sein soll, dann gibts halt einen Ausflug zu einem dann vielleicht etwas weiter entfernten, modernen Zoo, in dem die Bewohner allen Grund haben, tierisch gut gelaunt zu sein.  

Punkto Zirkus ist für mich die Situation noch klarer, denn was bei kaum einem Zoo machbar ist, kann ein Zirkus erst recht nicht leisten. Dabei geht es nicht darum, ob die Elefanten, Tiger & Co. in einem guten gesundheitlichen Zustand sind. Bin sicher, dass sie es sind, zumindest in den grossen, gut geführten Betrieben. Gesund ist aber nicht gleichzusetzen mit artgerecht gehalten. Sind wir nicht längst einen Schritt weiter, als eine gute Haltung von Tieren nur danach zu bewerten, ob sie genug zu fressen bekommen und einen gepflegten Eindruck machen? Wird es nicht Zeit, dass die Zirkusbetriebe endlich mal in der Gegenwart ankommen, indem sie aufhören, auf die zirzensische Tradition zu verweisen? Tradition ist schliesslich nicht per se ein Wert. Traditionellerweise gehörten im alten Rom Gladiatorenkämpfe zum öffentlichen Entertainment. Diese Tradition vermisst heute niemand. Es gibt ein Synonym für das Verabschieden von Traditionen, die der menschlichen Erkenntnis oder Vernunft zuwiderlaufen: Fortschritt.

Der Beitrag Das Importverbot für Delfine ist so gut wie sicher – die Diskussion muss weitergehen erschien zuerst auf Tierisch.


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